Engere Wahl

bma bernd müller architekt und stadtplaner, Rothenfels

Verfasser:

Bernd Müller, Dipl.-Ing. Architekt und Stadtplaner

Mitarbeit:

Lena Struppe
Frank Salomon
Elyas Bettaieb
Marco Gessner
Annette Kollmann

Hilfskräfte:

Suraya Reithmeier

Lageplan städtebauliche Vertiefung

Städtebauliche Schnittansicht Blockinnenbereiche und Bahnhof

Perspektive südlicher Ortseingang

Perspektive Bahnhof

Freiraumplanerische Vertiefung südlicher Ortseingang

Freiraumplanerische Vertiefung historischer Ortskern

Beurteilung des Preisgerichts

 

Das Konzept sieht vor, den Verkehr im gesamten Ortsbereich zu beruhigen. Die Hanauer Landstraße wird durch einen mit Bäumen bestandenen Mittelstreifen gegliedert und soll durch sogenannte „Aufenthalts- und Wasserinseln“, vom Verkehrsraum zum Aufenthaltsraum transformiert werden. Unter anderem werden Parkplätze in diesem Mittelstreifen vorgesehen, die zwar den Verkehr durchaus beruhigen, aber auch zu Konflikten und Unfällen führen können.
Auch die Nutzung des Mittelstreifens für die Gastronomie ist funktional sehr fragwürdig. Sinnvoller wären solche Aufenthaltsflächen mit räumlichem Bezug zu bestehendem oder neuem Einzelhandel oder gastronomischen Nutzungen.

Die lineare Zonierung des Straßenraumes führt zu einer weiteren Betonung der Durchfahrtsstraße in nordsüdlicher Richtung und verfehlt damit die gewünschte, dringend notwendige Verflechtung zum Main und zur Altstadt hin. Es fehlen eine Rhythmisierung und Gliederung der Hanauer Landstraße sowie eindeutig definierte Ein- und Übergänge in den Stadt- und Landschaftsraum.

Das verkehrliche Konzept für die Hanauer Landstraße kann nicht überzeugen: Die entstehende Mittelinsel mit Parkierung ist nicht dazu geeignet, grundstücksbezogene Verbesserungen im Hinblick auf Fußverkehr, Aufenthalt und Begrünung zu erreichen. Das Konzept des Parkens in der Mitte wird als wenig zielführend beurteilt, weil dadurch zwei störungsempfindliche Fahrgassen entstehen (Lieferverkehr, Müllabfuhr). Auch die Parkierung selbst stellt durch das erforderliche rückwärts Ausparken eine Gefährdung des Verkehrs dar. Der vorgeschlagene kombinierte Rad-/Gehweg wird weder den Anforderungen des Fußverkehrs, noch denen des Radverkehrs gerecht.

Die Gestaltung des neuen „Dettinger Tores“ kann als neue Torsituation und Ortseingang für Karlstein nicht überzeugen. Die Zielsetzung, den Verkehr auf die Umgehungsstraße zu führen, wird mit dem Konzept der gleichrangigen Straßen und der symmetrischen Gestaltung der Kreuzungssituation nicht umgesetzt und schafft eine falsche Attraktivität für den Durchgangsverkehr Richtung Hanauer Landstraße.

Die Freiraumgestaltung der „Hagbach-Aue“ scheint dem Ort nicht angemessen. Die angebotenen Freiraumnutzungen wie die „Waldbühne“ am Kreisverkehr wirken deplatziert und lagebedingt wenig attraktiv. Auch der sehr starke bauliche Eingriff in den Bachlauf kann an dieser Stelle nicht überzeugen.

Der als „Magnolien-Platz“ bezeichnete Mainplatz wird durch die beidseitigen Stellplätze überwiegend als Parkplatz genutzt und lässt damit auch zukünftig keine hohe Aufenthaltsqualität für die Außengastronomie des Gasthauses zur Krone erwarten. Positiv werden die „Duft-Tore“ an den Maingassen bewertet, die den Übergang vom Mainvorland in den Ort attraktiv markieren.

Die Schließung der Baulücken in der Hahnenkammstraße ist städtebaulich nachvollziehbar und angemessen gesetzt. Die Bepflanzung mit einer Baumreihe wird in diesem schmalen Straßenraum allerdings langfristig zu Problemen führen und ist auch im historischen Kontext nicht überzeugend.

Am Karlsplatz wir durch den Abriss des „Illner-Hauses“ und den Neubau des sogenannten „Fels in der Brandung“ ein neues Zentrum geschaffen. Dieser Bebauungsansatz ist grundsätzlich begrüßenswert, jedoch nicht als Turmbebauung, sondern vielmehr als Formulierung eines zentralen öffentlichen Mittelpunktes. Nicht nachvollziehbar ist die Gestaltung des Kirchvorplatzes. Die doppelte Baumreihe verstellt leider den Blick auf die ortsbildprägende Hippolyt-Kirche. Ein neuer Aufenthaltsbereich mit Wasserspiel könnte diesen Stadtraum aufwerten, die Separierung vom Kirchplatz durch eine umlaufende Mauer wird jedoch kritisch bewertet.

Im östlichen Abschnitt der Hahnenkammstraße wirkt der Platzbereich zwischen Heimatmuseum und dem neuen „Zentrum“ durch die vorgeschlagene Pflanzung von Hecken und Bäumen kleinteilig und zerschnitten, so dass seine räumliche Qualität und Funktionalität stark eingeschränkt werden.

Am Bahnhof wird eine Bebauung vorgeschlagen, die als sogenannter Schallschutzdamm fungieren soll. Diese bauliche Setzung ist als gedanklicher Ansatz für eine städtebauliche Nachverdichtung und den Lärmschutz durchaus nachvollziehbar, wirkt aber in ihrer Körnung nicht angemessen und bildet darüber hinaus eine starke bauliche Barriere zwischen dem „Ort des Ankommens“ und der Gemeinde Karlstein.

Die Nachverdichtung des Blockinnenbereiches mit Kettenhäusern ist konzeptionell nachvollziehbar und funktional sinnvoll gelöst.

Insgesamt weist die Arbeit einige gute Ansätze auf, kann aber weder durch das verkehrsplanerische und städtebauliche Konzept noch durch die freiraumplanerischen Vertiefungen überzeugen.

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